Der Klang der Endlichkeit: zwischen Klassik und Elektronik

Der Freiburger Musiker Feldermelder hat für das Genfer "Orchestre des nations" ein Stück komponiert. "Finite" wird am Samstag in der Aula Magna aufgeführt.

Manuel Oberholzer alias Feldermelder inmitten des Orchesters während des Konzerts in der Victoria Hall in Genf. © Christian Meuwly

Am Samstag, 18. November, spielt das Genfer "Orchestre des nations" und der Kammerchor der Universität Freiburg in der Aula Magna der Uni Miséricode "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms. Im ersten Teil des Konzertabends wird mit dem Stück "Finite" aber zuerst die sonische Zwischenwelt von elektronischer und klassischer Musik ausgelotet. Das Werk entstammt der Feder des Freiburgers Manuel Oberholzer. 

"Das war ein ziemlicher Crashkurs"

Seit über zwanzig Jahren ist Manuel Oberholzer alias Feldermelder international als Musiker, Soundtüftler, Komponist und Installationskünstler unterwegs. Trotz der vielen Erfahrungen in unterschiedlichen Klangwelten war die Kreation eines Orchesterwerks für rund 130 involvierte Personen eine ziemliche Herausforderung. Das Stück zu kreieren, war für Oberholzer nicht das Problem. Zu wissen, welche Eigenheiten die einzelnen Instrumente aufweisen oder welche spielerischen und klanglichen Limiten bestehen, war eher eine Challenge. Nebst der autodidaktischen Aneignung des nötigen Know-Hows, konnte Oberholzer auf die Unterstützung von Noémi Büchi und Joan Jordi Oliver zählen, die sich unter anderem durch ihre Erfahrungen im Bereich Komposition und Arrangement auszeichnen. "Sie machten mich auf Dinge aufmerksam, die ich nicht wusste. Zudem musste ich mich in viele Teilbereiche einlesen, etwa wie lange ein Orchestermitglied mit einem Blasinstrument einen tiefen Ton halten kann, bevor es wieder Luft holen muss, was mit einem Harfen-Pedal alles möglich ist etc. Das war ein ziemlicher Crashkurs", erzählt Oberholzer. Andere Bedingungen also als in der elektronischen Musik, wo von der tiefsten bis zur höchsten Frequenz alles aus dem selben Sound herausgekitzelt werden kann. Die in nur wenigen Wochen voller intensiver Arbeit kreierte Komposition überzeugte. Der Dirigent des "Orchestre des nations", Antoine Marguier, lobte die präzise Arbeit und die detailreiche Partitur. Wichtig hier sicherlich auch die Arbeitsweise in der elektronischen Musik, bei der Feldermelder teils zig Stunden lang wie wahnsinnig editiert.

Manuel Oberholzer alias Feldermelder © Julie Folly

Den Klang des Orchesters erweitern

Manuel Oberholzer zeichnet nicht nur für die Komposition von "Finite" verantwortlich, sondern spielt das Werk zusammen mit Orchester und Chor. Oberholzer agiert dabei wie ein zusätzliches Instrument, wobei er das Klangmaterial des Orchesters mit seinen Geräten verstärkt und manipuliert. "Ich wollte nicht einfach mit Synthies über das Orchester spielen, sondern will die Klangmöglichkeiten der akustischen Musik erweitern", erläutert Oberholzer. Bei der Kreation hat er Elemente aus der elektronischen Musik in die Klassik übertragen. Teile des Orchesters spielen beispielsweise lange, voluminöse Noten, die an Synthies erinnern, und der Chor singt keinen Text, sondern sample-artige Silben. Damit entlockt der Soundtüftler dem Orchester einen besonderen Klang, der das gängige Klangspektrum übersteigt. 

"Ich wollte etwas Schönes schaffen"

Die Uraufführung von "Finite" fand am 5. November in der Victoria Hall in Genf statt. "Die Reaktion des Publikums war super", so Oberholzer. "Ich habe sicher wahrgenommen, dass diese Musik für Teile des Publikums sonderbar klang, oder sie in diesem Kontext die Musik alter Meister gewohnt sind, aber ich habe das Gefühl, dass es ein super Abend war." Oberholzer hat bewusst darauf verzichtet, extra komplexe Musik zu schreiben, die darauf abzielt, technisches Können zur Schau zu stellen. "Hier wollte ich etwas machen, das schön ist. Für atonale Musik brauche ich kein Orchester. Das kann ich zu Hause machen."

Der Klang der Endlichkeit

Wie bereits in der Victoria Hall steht kommenden Samstag nebst "Finite" auch "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms auf dem Programm. Der Abend in der Aula Magna beginnt mit Manuel Oberholzers rund zwanzigminütiger Komposition, bevor das "Orchester des nations" zusammen mit dem Kammerchor der Universität Freiburg das Werk von Johannes Brahms spielt. Mit dieser Totenmesse und Oberholzers "Finite", zu Deutsch "endlich", kreist der Konzertabend um das Thema Tod und Vergänglichkeit. Das Publikum erhält also die Gelegenheit, verschiedene musikalische Interpretationen dieses universellen Themas am selben Abend zu erleben. Ein intensiver und eindrücklicher Brückenschlag zwischen unterschiedlichen Zeiten und Musikstilen. "Schlussendlich ist es einfach Musik, die hoffentlich berührt."

RadioFr. - Valentin Brügger
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