Schon rund 2000 Funde unter der Bahnwerkstatt Oslebshausen: Die Geheimnisse des Weltkriegs-Friedhofs

Meter für Meter suchen die Experten das Gebiet ab. Sand wird gesiebt, jeder Fund genau dokumentiert

Meter für Meter suchen die Experten das Gebiet ab. Sand wird gesiebt, jeder Fund genau dokumentiert

Foto: Hornung
Von: Julian Rabe

Bremen – Vor drei Monaten war hier noch nichts los, jetzt rattern täglich riesige Bagger über das Gelände an der Reitbrake. Was sie zutage befördern, ist Geschichte pur.

Seit August gräbt das Team von Landes-Archäologin Uta Halle (67) das rund 2000 qm weite Areal Meter für Meter um.

Dort, wo der Senat eine Bahnwerkstatt plant, lag zur Zeit des 2. Weltkriegs ein Friedhof für sowjetische Kriegsgefangene. Und anders als zunächst angenommen, wurde dieser nicht komplett „bereinigt“...

Über 2000 Funde haben die Archäologen bisher dokumentiert, darunter vor allem Knochenteile, aber auch Erkennungsmarken und Gebrauchsgegenstände der Begrabenen (Zahnbürste, Knöpfe) – sogar einen Schädel fanden sie.

Die Arbeiter finden täglich neue Funde, bis jetzt schon über 2000 Mal. Besondere Gegenstände werden in der Landesarchäologie gesäubert und genauestens unter die Lupe genommen

Die Arbeiter finden täglich neue Funde, bis jetzt schon über 2000 Mal. Besondere Gegenstände werden in der Landesarchäologie gesäubert und genauestens unter die Lupe genommen

Foto: Hornung

Mithilfe alter Gefangenenlisten konnten bereits 15 Tote identifiziert werden. Dabei ist noch nicht mal die Hälfte der Fläche untersucht.

„Vor Beginn der Grabungen hatten wir nicht damit gerechnet, dass hier tatsächlich noch so viel unter der Erde liegt“, sagt Halle. Statt bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten nun mindestens bis Frühjahr 2022 dauern.

Laut der Chef-Archäologin ist das Ausgrabungsprojekt das brisanteste seit Jahrzehnten. Der Senatsplan, hier eine Bahnwerkstatt errichten zu lassen, war ohnehin umstritten. Seit klar ist, dass hier noch Überreste von Nazi-Opfern liegen, schaut die ganze Stadt hin.

Der uralte Knopf einer sowjetischen Uniform mit Stern, Hammer und Sichel

Der uralte Knopf einer sowjetischen Uniform mit Stern, Hammer und Sichel

Foto: Hornung

Die Landesarchäologie hat extra 4 neue Mitarbeiter eingestellt. Die Kosten trägt Bremenports, die das Gelände im Namen der Stadt verwaltet. „Da greift das Verursacherprinzip“, sagt Uta Halle.

Denn klar ist: Ohne die Werkstatt hätte es die Ausgrabungen wohl nicht gegeben. Und der „Russen-Friedhof“ wäre in Vergessenheit geblieben.

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